Der Feind des Stillens: Alles rund um die Saugverwirrung

18 Nov, 2019

Der Feind des Stillens: Alles rund um die Saugverwirrung

Viele Mütter hören erst nach der Geburt von dem Begriff Saugverwirrung – und können recht wenig damit anfangen. Was eine Saugverwirrung überhaupt ist, welche Ursachen sie haben kann und wie man ihr möglichst gut vorbeugt, erklären wir in unserem Blogartikel.


Mutter mit Baby

Was ist eigentlich Saugverwirrung?

Stillexperten schätzen, dass eine Saugverwirrung bei ca. 20-30 % aller Babys auftritt. Umso verwunderlicher ist es, dass in vielen Geburtsvorbereitungskursen nicht im Detail über die Saugverwirrung aufgeklärt wird. Das grundlegende Problem bei der Saugverwirrung ist, dass viele Babys Schwierigkeiten haben, richtig an der Brust zu saugen. Dies leitet einen Kreislauf ein, der letztendlich das frühzeitige Abstillen erzwingt. Dadurch, dass das Kind nicht mehr oft genug an der Brust gestillt werden kann, verlernt es diese Art der Nahrungsaufnahme. Als Reaktion hierauf wird es während des Stillens oft hektisch, schluckt bei seinen Versuchen an die Brustwarze anzudocken Luft und bekommt oft Bauchschmerzen. Die fehlende Stimulation der Brust verursacht eine Reduktion der Milchmenge, sodass immer mehr hinzugefüttert werden muss und das Kind sich so immer mehr an die Flasche gewöhnt. Schließlich lehnt es die Brust komplett ab und muss mit der Flasche gefüttert werden.

Das Füttern mit der Flasche ist keine schlechtere Alternative, als das Stillen (mehr dazu in unserem Blogartikel Stillen oder Flasche – alles, was Du wissen musst), erzwungenes Abstillen kann jedoch emotionale und körperliche Probleme für die Mutter mit sich bringen.



Ursachen der Saugverwirrung: Wie kommt es dazu?

In den ersten 4-6 Wochen nach der Geburt ist das Risiko der Saugverwirrung am Höchsten. Besonders oft tritt sie auf, wenn zu viele verschiedene Saugmöglichkeiten angeboten werden. Das häufige Wechseln zwischen Brust und Flasche überfordern das Baby. Da das Trinken aus einer Flasche generell einfacher ist, wird die angeborene Saugtechnik der Brust vergessen, wodurch Schwierigkeiten beim Stillen auftreten. Auch die frühe Gewöhnung an den Schnuller kann eine solche Saugverwirrung auslösen, weil er wiederum eine andere Nuckeltechnik erfordert, als Brust oder Flasche. Die Benutzung von Saughütchen oder Beruhigungssaugern kann ebenfalls eine Ursache sein, wie es zur Saugverwirrung kommt. Kurz gesagt gilt: Je weniger Saugtechniken das Baby lernen und anwenden muss, desto geringer ist das Risiko einer Saugverwirrung.

Brust oder Flasche – was macht das für einen Unterschied?

Die Unterschiede zwischen dem Füttern mit der Brust oder Flasche spiegeln sich auch in den Saugtechniken wider.

Das Saugen an der Brust ist ein angeborener Reflex. Neben den Gesichtsmuskeln wie Mundboden, Zunge, Lippen und Wangen, werden auch die Muskeln des gesamten Körpers beansprucht und mit einbezogen. Der Mund ist während des Saugens weit geöffnet und es entsteht ein Vakuum in der Mundhöhle, mit dessen Hilfe die Milch herausgesaugt wird. Durch den ebenfalls angeborenen Schluckreflex wird dann die Nahrung aufgenommen. Ein Vorteil dieser Technik ist, dass die Muskulatur trainiert wird. Nachteilig ist hingegen, dass die Nahrungsaufnahme länger dauert, als das Füttern mit der Flasche und zudem abhängig von der Mutter ist.

Das Trinken mit der Flasche folgt einem anderen Prinzip. Der Mund muss nicht weit geöffnet sein, um an Milch zu gelangen und auch die Zunge wird weniger einbezogen. Durch das Pressen der Zunge an den Gaumen und das Einziehen der Wangen, entsteht nur ein Druckaufbau und die Milch fließt auch ohne Vakuum.

Das Füttern mit der Flasche geht zwar wesentlich schneller vonstatten, hat aber auch Nachteile, wie zum Beispiel ein Völlegefühl und schnelle Unruhe seitens des Babys. Da das Kind sich weniger anstrengen muss, um an Nahrung zu kommen, kann es schnell zur Überfütterung führen. Auch werden die Gesichts- und vor allem Körpermuskeln weniger trainiert. Durch den Fremdkörper im eigenen Mund kann Frustration beim Baby entstehen, weil die meisten Sauger sich dem Mund nicht so anpassen, wie eine Brustwarze.


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Mutter mit Baby

Wie man sie erkennt: Anzeichen der Saugverwirrung

Dass eine Saugverwirrung beim Baby vorhanden ist, spüren Mütter oft – aber nicht immer – instinktiv. Solltest Du Dir Gedanken machen, ob Dein Baby eine Saugverwirrung hat, gibt es ein paar Anzeichen, an denen Du sie erkennen kannst.

Das deutlichste Anzeichen ist, dass das Kind die Brust verweigert. Dieser sogenannte Stillstreik ist oft mit lautem Weinen verbunden. Das Baby ist dauerhaft unruhig, schreit die Brust an und stößt sie sogar aktiv weg.

Ein weiteres Anzeichen kann sein, dass die Brustwarze oft angesaugt und sofort wieder losgelassen wird, da die richtige Technik zum Saugen fehlt. Das Kind öffnet seinen Mund nicht weit genug, verliert die Brustwarze nach dem Andocken immer wieder und dies resultiert in viel Nuckeln und ineffektivem Saugen.





Eine falsche Saugtechnik, die später zur Saugverwirrung führen kann, äußert sich ebenfalls im Einziehen der Wangen. Das Einziehen zeigt, dass kein Vakuum im Mund des Kindes ensteht, wodurch es nicht optimal saugen kann.und es kann Auch Grübchen in den Wangen, Geräusche wie Klicken und Schnalzen oder Schmatzen deuten auf ineffektives Saugen hin.

Zuallerletzt kannst Du es als Mutter auch körperlich spüren. Sollte sich Deine Brust nicht ausreichend entleeren, ist dies oft ein Zeichen, dass Dein Liebling Probleme mit dem Stillen hat.



Der Saugverwirrung vorbeugen: Mit diesen Tipps senkst Du das Risiko

Um eine Saugverwirrung von vornherein zu verhindern, raten Ärzte und Hebammen oft dazu, mindestens in den ersten 4-6 Wochen ausschließlich zu stillen. Treten hierbei keine Probleme auf, ist die Brust die optimale Nahrungsquelle für Dein Baby. Es wird sogar empfohlen, in den ersten 6 Monaten auf Schnuller oder Flasche zu verzichten, um das Risiko einer Saugverwirrung zu senken. Hat das Kind diese Trinktechnik erst einmal sicher erlernt, kann zusätzlich die Flasche oder ein Schnuller geben werden. Die Kombination von Flasche und Brust hat für Dich den Vorteil, dass Du die Muttermilch auch im Vorfeld abpumpen kannst, was den Alltag für Dich und Dein Baby entspannter macht.

Wichtig ist, dass Du dich nicht verrückt machen lässt: Für manche Kinder ist das Wechseln zwischen Flasche und Brust überhaupt kein Problem und läuft ohne Komplikationen ab.

Mutter mit Baby


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Wenn nicht Schnuller – was dann? 

Der Schnuller ist ein wichtiges Hilfsmittel und 4-6 Wochen ohne ihn können eine lange Zeit sein. Doch auch, um schreiende Babys ohne Schnuller zu beruhigen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Vor allem das Anbieten von Körperkontakt durch Tragen oder Bündeln liefert ein Gefühl der Geborgenheit und Wärme. Auch die spürbare Begrenzung beim Bauen eines Nestes für das Kind vermittelt Ruhe und Geborgenheit. Weitere Maßnahmen können eine Massage, ein warmes Bad oder Körnerkissen sein. Monotone Geräusche wie Staubsaugen oder Autofahren sowie die Schaukelbewegung einer Wiege oder Hängematte helfen ebenfalls. Zuallerletzt hilft ein Schutz vor Überreizung, die zum Beispiel durch zu viele Besucher ausgelöst werden kann. Natürlich möchte jeder das Baby in seinen ersten Wochen sehen; für Dein Kind bedeutet das allerdings oft Stress. Es ist deshalb – mit oder ohne Schnuller – besser, Deinem Kind in den ersten Wochen nicht zu viel Besuch zuzumuten.


Ist das schon Saugverwirrung?

Wenn das Baby die Brust verweigert, ist Saugverwirrung oft der erste Verdacht – aber das muss nicht sein. Es kann auch bedeuten, dass die Muttermilch heute einfach nicht schmeckt oder das Kind den Geruch nicht mag. Oft wird Muttermilch in der ersten Zeit abgelehnt, wenn die Mutter vorher knoblauchhaltige Speisen oder Rhabarber gegessen hat. Beides sind Nahrungsmittel, die der Milch einen etwas anderen Geschmack geben. Im Laufe der Stillzeit kann sich das Baby allerdings daran gewöhnen und die Ernährung der Mutter spielt dann, zumindest in dieser Hinsicht, keine Rolle mehr.

Es kann passieren, das beim wiederholten Stillen in lauten und unruhigen Umgebungen eine Stillverweigerung auftritt. Das Kind verbindet negative Reize mit dem Trinken aus der Brust und verweigert dies von nun an. Es ist also wichtig, dass Du mit Ruhe und Geduld stillst und gegebenenfalls die Umgebung wechselst.

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Saugverwirrung beheben, für ein erleichtertes Stillerlebnis

Sollten doch erste Schwierigkeiten beim Stillen auftreten, die auf eine Saugverwirrung hindeuten, ist eines besonders wichtig: Nicht sofort verzweifeln! Es ist hilfreich, weiterhin ruhig und sanft mit dem Baby zu reden und es bei gelungenen Saugversuchen zu loben. Auch ausführliches Kuscheln vor dem Stillen und viel Haut-zu-Haut Kontakt wirken beruhigend. Wenn Du Fragen hast oder eine Saugverwirrung bei Deinem Baby verdächtigst, dann sprich auf jeden Fall mit Deiner Hebamme oder einem Arzt. Es gibt ebenfalls sogenannte Stillberater, die sich auf das Stillen spezialisiert haben und Dir Tipps geben können, wie Du die Saugverwirrung beheben kannst.

Prüfe Deine Stilltechnik, also das Anlegen und die Stillposition, für ein erleichtertes Stillerlebnis. Dabei kann Dir ebenfalls die Hebamme oder Stillberatung zur Seite stehen. Auch ist das Stillen im Halbschlaf oft entspannter, da das Baby eher seinen Instinkten folgt. Viele Mütter stimulieren im Vorfeld ihre Brustwarze, um erste Tropfen abzugeben und so die Milchaufnahme zu erleichtern.

Allerdings ist auch mit all diesen Maßnahmen eine Hilfe bei Saugverwirrung nicht garantiert. Jedes Kind ist anders und reagiert daher auch individuell.